1. Gekippter Würfel
Meine Überlegung war, einen kleinen Sakralraums zu konzeptieren, der als Kapelle sowohl in eindrucksvoller Naturlandschaft (Gebirge) als auch in der Stadt besteht. Er kann ohne große Veränderung in einen Raum der Stille oder einen multireligiösen Raum umfunktioniert werden. Dies erfordert eine neutrale Gestaltung des Gebäudes mit gleichzeitig sakraler Ausstrahlung. Ich entschied mich für eine hoch gestreckte, streng geometrische, auffällige Form.
Ausgangspunkt war die Vorstellung eines in den Boden versunkenen, nach hinten gekippten Würfels mit einer Außenkanten-länge von 12 Metern. Die Lage des Würfels und der Neigungswinkel ist so berechnet, das die entstehende Bodenfläche die Größe einer Würfelseite hat. Anfangs war eine Abtrennung vom Hauptraum und Eingangsbereich gedacht. Es gibt aber auch eine Überlegung, diese Raumgliederung zu Gunsten einer großzügigen Raumgestaltung zu verwerfen. Die Würfelform soll auch im Inneren des Baus erfahrbar sein. Die der Eingangsseite gegenüberliegende, sich schräg in den Himmel nach Osten neigende Deckenfläche sollte zuerst - wie ein riesiges Fenster – voll verglast werden. So entsteht ein Licht durchfluteter, sehr heller Raum mit Panoramablick auf den Himmel und der umgebenden Landschaft.
Mein Idealstandort für dieses Modell wäre Norwegen. An einem Fjord oder direkt am Meer gelegen bietet dieses Fenster einen grandiosen Blick auf die umgebende Landschaft und den oft eindrucksvollen nordischen Himmel mit seinen schnell ziehenden Wettern und seinen oft dramatischen Wolkenformationen. Ebenso spannend wäre dieses Modell in Gebirgsgegenden Öster-reichs oder der Schweiz platziert. Durch das riesige Fenster würden die Kirchenbesucher in das beeindruckende Landschafts-bild integriert und tritt in den Dialog mit der Natur. In einer urbanen Platzierung möchte ich diesem Raum einen intimeren und geschützten Charakter geben. Hier überlege ich, die Vollverglasung der Decke zurück zunehmen und durch eine grafische Fenstergestaltung zu ersetzen: Die Decke wird seitlich durch zwei durchgehende Lichtbänder von ca. 60 cm Breite begrenzt. In der Mitte eine kreisrunde, klar verglaste Öffnung von 3,60 m Durchmesser eingelassen, welche der Eingangsöffnung gegen-überliegt. Diese Eingangsöffnung ist, wie auch beim Typ Riesenfenster, ebenfalls rund und von gleichem Durchmesser wie der in ihr endende Röhrengang. Der Röhrengang von einer Mindestlänge von 20 Metern besteht aus einzelnen Röhrensegmen-ten, welche in Reihe mit einem Abstand von 10 cm installiert werden. Als Material käme Beton oder Eisen in Betracht. Der et-was erhöhte Boden ist auf dem gleichen Niveau wie die Bodenfläche im Inneren des Würfels. Die Deckenhöhe im Inneren der Röhre soll mindestens 2,60 Meter betragen..
Die Oberflächen der Außenwände des Würfels bestehen aus Lärchenholzbrettern, welche mittels eines in Österreich entwickel-ten Verfahrens so imprägniert werden, das eine homogene Verwitterung des Holzes mit dem typischen grausilbrigen Farbton bei gleichzeitigem chemischen Schutz erfolgt. Im Inneren stelle ich mir eine dezente, aber trotzdem eindrucksvolle Gestaltung vor. Die beiden Seitenwände werden mit einem Rollfurnier aus besonderem (am liebsten Holz aus der Region oder Lärche wie im Außenbereich) Holz überzogen, wobei die Maserung des Furniers eine riesige Landschaft imaginieren soll (Auswahlverfah-ren des Furniers!). Der Bodenfläche soll von grauer Farbigkeit sein. Sie kann aus Estrich, Stein oder auch geeignetem gefärb-ten Holz (gleich behandelte Lärche wie im Außenbereich) bestehen. Interessant wäre die Möglichkeit, das Innenfurnier silbrig-grau bei Beibehaltung der Intensität der Maserung zu färben. In dem Fall würde ich – als Kontrast den Fußboden in einem ocker-gelb warmen Farbton (Backstein) gestalten. |